Bonnfinanz: Mitarbeiterführung im Vertrieb, Vortrag vor Vertriebsleiter Tagung in Stuttgart 1978 |
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Bei der Vorbereitung zu diesem Vortrag fiel mir auf, das sich Gründe für einen Misserfolg leichter finden lassen als Erklärungen für einen Erfolg. Die Aufgabe, meine eigene Entwicklung als Bonnfinanz-Mitarbeiter darzustellen hat mir daher für die eigene Bewusstwerdung des Vorgangs sehr viel genützt, wenngleich ich von Anfang an nicht sehr davon begeistert war. |
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Meine Entwicklung bei
Bonnfinanz ging in 4 Phasen vor sich: Im Herbst 1976 stieß ich über einen
Bekannten auf das Bonnfinanzsystem. Dieser vermochte es, mich von der Idee des
BF Systems so zu überzeugen, dass ich mich bald entschloss, auch
Vermögensberater zu werden. Die Vorstellung, aus einer branchenneutralen Position
Menschen aus allen Gesellschaftsschichten persönlich und individuell in ihren
Vermögensverhältnissen zu beraten und dabei noch viel Geld zu verdienen, war für
mich faszinierend. Dies war die Stufe der Bonnfinanz-Motivation, und wenn
zu diesen Zeitpunkt einer zu mir gekommen wäre, hätte ich ihm in schillerndsten
Farben die Vorteile
verdeutlichen können,
die der Kunde durch unser System hat. Nachdem ich verschiedene
derartige Gespräche im Bekanntenkreis geführt hatte, hatte ich zwar mehrere Menschen
davon überzeugt, dass ich jetzt für eine gute Angesichts der breiten
Produktpalette der Bonnfinanz setzte sich bei mir die Ansicht durch, es
müsse
an meinem Mangel an Fachwissen über die einzelnen Produkte liegen. So
setzte
ich mich hin und studierte Fachliteratur, Produktbeschreibungen,
Steuer- und Wirtschaftslexika
und dergl. mit Ausdauer und großer Eile. Nach einigen Wochen war ich
soweit,
dass ich jede erdenkliche Auskunft über Renditeplan, Auslandsanlagen,
steuerliche Möglichkeiten, Baufinanzierungen und Sachwertanlagen usw.
hätte
geben können, wenn einer zu mir gekommenwäre und mich gefragt hätte. Dies war die Stufe des Steuer- und Finanzfachmanns, die natürlich von ebenso wenig Erfolg
begleitet gar. Bei verschiedenen unregelmäßigen
Gesprächen mit anderen, erfolgreichen Mitarbeitern unserer und anderer
Gesellschaften wurde mir klar, dass zum Erfolg mehr gehört als Fachwissen,
nämlich die Fähigkeit, den Kunden so zu beeinflussen, dass er das macht, was wir
für ihn für richtig halten, sprich: das Verkaufen. Auch
hiermit beschäftigte ich mich im Trockenschwimmen, indem ich mir
Verhaltensbeispiele der Kunden erzählen und Tipps geben ließ, wie man
beim
Kunde vorgehen sollte. Auch die einschlägige Fachliteratur von Dale
Carnegie und anderen las ich aufmerksam und nahm an Seminaren teil. Im
Laufe meines Misserfolgs wurde mir klar, dass
Fachwissen den kleineren Teil, Verkaufstechnik und überzeugendes
Auftreten den
größeren Teil des Erfolgs verursachen. Dies war die Phase des Verkaufstaktikers,
und wenn in dieser Zeit einer zu mir gekommen wäre, dann hätte ich ihm wohl
auch etwas verkauft. Aber leider kam das nur selten vor, so das auch hier der
Erfolg ausblieb. Hätte ich nicht am Beispiel anderer Kollegen, die sehr viel Eigenumsatz machten, gesehen,
dass es möglich ist erfolgreich zu sein, so hätte ich bald die Konsequenz
gezogen und mir eine andere Tätigkeit gesucht. Dann kam jedoch Ende Juli
1977 die Phase, in der mein Geschäftstellenleiter die Initiative ergriff, mir zu zeigen, wie
man erfolgreich arbeitet. Dadurch blieb die erfolglose Zeit auf ein Jahr
beschränkt, und ich denke, dass es langjährige Mitarbeiter gibt, die schon
wesentlich länger erfolglos sind. Diese Phase, die Phase der Anleitung
zur systematischen, organisierten und
planvollen Arbeit begann mit der Führung des Terminkalenders. Was ich
in dieser Zeit lernte stellt mittlerweile nicht nur die Grundlage für meine
Arbeit auf lange Sicht dar, sondern es ist auch die Grundlage für die
Ausbildung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Denn ein Mitarbeiter kann nur
dann erfolgreich sein, wenn er in der Lage ist, seine Arbeit systematisch zu
betreiben. Wie geht nun diese Arbeitsplanung
im Außendienst vor sich? Zunächst ist eine bestimmte Anzahl von Adressen
vorhanden, deren Quelle von sekundärer Bedeutung ist. In meinem Fall waren es Bestandsadressen,
eigene Adressen aus dem Bekanntenkreis, Finanzierungsadressen, Empfehlungslisten,
Adressenlisten von Schulabgängern etc. Diese Adressen werden nun
einzeln auf ein Blatt geschrieben und in der Wochenplanung zusammen mit dem
Gruppenleiter nach Arbeitstagen sortiert. Der Hauptberufler hat eine Arbeitsmappe
für jeden Tag, also 6 Stück,
die jeweils mit Montag, Dienstag usw. beschriftet sind. Beim nebenberuflichen
Mitarbeiter Die Adressen werden nun in
die Mappen eingelegt und zugleich fest terminiert. Es stehen also die 6 Adressen, die am Montag besucht
werden sollen, untereinander im Terminkalender des Mitarbeiters. Diese Termine
sind verbindlich und werden in der Wochenplanung kontrolliert. Bei jeder besuchten
Adresse wird auf dem Blatt das Ergebnis des Besuchs notiert, sei es "unbekannt verzogen", "nicht
angetroffen", "erst ab 19:00 erreichbar", oder das Ergebnis
eines Gespräches. Wenn dann am Abend nach den Kundenbesuchen die bearbeiteten
Adressen gleich wieder für die nächste Woche sortiert werden, wird mit
Sicherheit jede Adresse pünktlich bearbeitet. Ein Termin ist also nicht nur ein
mit dem Kunden vereinbarter Termin, sondern auch ein festes Vorhaben, zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort zu einem
bestimmten Mensch zu fahren. Ich möchte nicht behaupten,
dass der Ablauf in dieser Form die einzige Möglichkeit ist. Es gibt vielleicht
noch andere Organisationsmethoden. Sicher ist jedoch, dass diese Methode Erfolg hat,
und ebenso sicher ist, dass ein Erfolg im Außendienst ohne genaueste Planung,
Aufzeichnung und Kontrolle der Tätigkeit unmöglich ist. Meine Eigenumsatzkurve
beweist dies mit aller Deutlichkeit. Es wird auf diese Weise
verhindert, dass sich der Mitarbeiter um 16:00 überlegt, wo er eigentlich
hinfahren soll, anfängt zu selektieren, sich andere Routen ausdenkt und es
schließlich ganz bleiben lässt. Er weiß nämlich, wo er hin soll und weiß auch,
dass er in seiner nächsten Besprechung kontrolliert wird. Für mich war es in dieser
Zeit eine interessante Erfahrung, nicht nur einen Job zu haben, der mir
sehr
viel Zeit lässt, sondern im eigentlichen Sinn von Beruf
Vermögensberater zu
sein, d.h. wie alle anderen Berufe auch, regelmäßig zu arbeiten. Es ist
keineswegs
so, dass sich ein Mitarbeiter durch das fremde Führen des
Terminkalenders in
unangenehmer Weise bevormundet fühlt, im Gegenteil bekommt er das
Gefühl, den Beruf des Vermögensberaters wie ein Handwerk zu lernen. Und
wenn nun ein Mitarbeiter
gelernt hat, seine Tätigkeit systematisch zu planen, wird er Erfolg
haben, auch wenn er kein besonders großes Verkaufstalent ist. Den Rückblick: "wenn
gewesen wäre ...."
sollte man
zwar eigentlich vermeiden. Durch die frühzeitige Anleitung in der o.g. Form
wäre mir eine Menge Zeit, Geld, und vor allem Missstimmung und Unzufriedenheit
erspart geblieben. Und erfolgreich ist immer nur der zufriedene Mitarbeiter, und
nur der erfolgreiche ist zufrieden. Daraus die logische
Konsequenz: wie sieht in Zukunft meine Führungstätigkeit bei Mitarbeitern aus,
wie muss sie aufgrund der Erfahrungen aussehen? Der Umsatz unserer
Geschäftsstelle läuft größtenteils über Bestandsaufnahme- bögen (BAB), d.h. beim
ersten Kundengespräch muss nur wenig Fachwissen vorhanden sein, und auch wenig
Verkaufstechnik. Was verkauft wird sind nicht Produkte, sondern
Beratungsqualität Bei ganz neuen Mitarbeitern
muss natürlich zunächst die Überzeugung geschaffen werden, dass die Bonnfinanztätigkeit eine
gute, interessante und zufrieden stellende Angelegenheit ist. Die Bonnfinanz Motivation ist
somit in jedem Fall die erste Stufe der Bonnfinanzkarriere. Diese Motivation wird
anhand des Mitarbeiter Faltblattes, der neuen Mitarbeitermappe, des
Kundenfaltblattes sowie einiger Beispiele in den Einstellungsgesprächen
vermittelt. Wenn der neue Mitarbeiter dann darauf anspringt und sich
dafür
interessiert, beginnt sofort die zweite Stufe, die Stufe der Anleitung
zur systematischen,
organisierten und planvollen Arbeit. Der Mitarbeiter erhält die seiner
Tätigkeit entsprechenden Tagesmappen, die Adressen aus der Liste
"Personen
die ich kenne"
oder sonstige Adressen werden einsortiert und im Kalender terminiert.
Zu diesen Adressen geht nun der Gruppenleiter mit dem neuen MA los,
denn auch das
einholen von Festterminen muss gelernt werden. Es werden Termine
vereinbart,
bei denen dann ein Bestandsaufnahmebogen ausgefüllt wird. Bei diesen
gemeinsamen Kundenbesuchen lernt der MA das Verkaufen, nicht das
Verkaufen
einzelner Produkte, sondern das Verkaufen des Bonnfinanzsystems, das
Verkaufen
der Beratungsqualität. Aufgrund dieser Bestandsaufnahmen werden dann
schriftliche Angebote ausgefertigt, die bei einem Termin möglichst am
gleichen Wochentag
der darauf folgenden Woche dem Kunden überreicht werden. Bei den Verkaufsgesprächen,
die aufgrund der Bestandsanalyse geführt werden, bekommt der MA das
erforderliche Fachwissen in der Praxis direkt vor Ort. Es muss dann nur noch
mit Detailfragen in Fachschulungen ergänzt werden. Durch dieses Verfahren hat
der Mitarbeiter erst das Organisieren, und dann direkt in der Praxis das Verkaufen
und das Fachwissen gelernt. Nach 6 Wochen, somit nach 6 gemeinsamen Arbeitstagen wird dann frühestens die erste
Fachschulung gehalten. Nach dieser Einarbeitungszeit ist der MA in der Lage,
selbstständig bei Kunden regelmäßig Bestandsaufnahmen zu machen. Dann geht der Gruppenleiter
nur noch zu den direkten Verkaufsgesprächen mit, immer die schriftliche Bestandsanalyse unterm Arm. Wie werden nun diese Bestandsanalysen
angefertigt? Aufgrund
der Informationen aus dem BAB und mündlichen Ergänzungen über Art und Charakter des Kunden werden in der Reihenfolge des BAB die
entsprechenden Empfehlungen auf Band Die Abschlussquote bei
diesen schriftlichen Analysen ist übrigens sehr hoch. Dadurch, dass alle
Bereiche angeschnitten werden, werden auch der Umsatz pro Kunde größer. Aufgrund der Tatsache, dass
der Kunde seine Entscheidungen mit den wesentlichsten Argumenten in dieser schriftlichen
Analyse jederzeit später nachlesen kann, ist das Stornorisiko verhältnismäßig
gering. Der
BAB ist also nicht nur ein optimales Hilfsmittel neue Mitarbeiter vor Ort
einzuarbeiten, er stellt überhaupt eine optimale Geschäftsmöglichkeit dar.
Nachdem in diesem Verfahren während der Anfangszeit der Gruppenleiter den grössten
Teil der Arbeit macht, wird zumindest bei Nebenberuflern Provisionssplit gemacht, wodurch
sich der Aufwand für den Gruppenleiter lohnt, und der MA das Bestreben bekommt,
möglichst schnell die Materie so zu beherrschen, dass er ganz selbständig tätig
sein kann. Zum Schluss möchte ich noch mal vergleichen,
wie die Entwicklung bei mir stattfand, und wie ich sie in Zukunft bei meinen
Mitarbeitern vorantreiben werde: Bei mir kam zuerst die
Motivation, dann das Fachwissen, dann die Verkaufstechnik und zum Schluss die
Anleitung zur Organisation, die mir schließlich zum Durchbruch verhalf. Aus diesen Erfahrungen
werde ich immer wie folgt vorgehen: Zuerst natürlich die Motivation, dann
jedoch sofort die Anleitung zur Organisation, woraus sich dann bei gemeinsamen
Kundenbesuchen sowohl die Verkaufstechnik als auch das Fachwissen entwickelt. Schulungen
bereiten also nicht die Praxis vor, sondern sie ergänzen die vorhandene Praxis.
Auf diese Weise werde ich
mein Ziel erreichen: Bis Jahresende meine Generalagentur mit einer Gruppe
zuverlässiger Mitarbeiter und stabilem Umsatz aufgebaut zu haben. Gehalten 1978 (mit 27 Jahren) auf einer Tagung der Generalagenturen in Stuttgart. |